Einfluss von Tausalz und aluminiumhaltigen Zusatzstoffen auf die Mechanismen der Alkali-Kieselsäure-Reaktion in Beton

Ziel dieses Forschungsvorhabens war es, die Wirkung von externen Alkalien, insbesondere in Form von NaCl, auf die Alkali-Kieselsäure-Reaktion im Beton besser zu verstehen. Dabei sollte der Einfluss der Bindemittelzusammensetzung (Zement mit Flugasche und Metakaolin als Betonzusatzstoffe) und damit der Einfluss einer veränderten Porenlösung auf Gesteinskörnungen (Borosilicatglas, Grauwacke, Opalsandstein, Flint, Diabas, Granit) untersucht werden. Es sollte in besonderem Maße der Einfluss des Aluminiums aus den Zementen, den Zusatzstoffen und den Gesteinen als Partner für die Alkali- und Siliziumbindung im Bindemittel als auch an der reaktiven Gesteinskörnung betrachtet werden.

Das Arbeitsprogramm umfasste umfangreiche Untersuchungen an Betonen, Zementsteinen und Gesteinskörnungen. Dabei wurde der Einfluss von NaCl auf die Zusammensetzung der Hydratphasen, der Porenlösung und schließlich auf die Alkali-Kieselsäure-Reaktion (AKR) mit reaktiver Gesteinskörnung in Abhängigkeit von Bindemittelzusammensetzung und NaCl-Konzentration untersucht. Chemische und mineralogische Untersuchungen des Bindemittels, der Gesteinskörnung und der Porenlösung wurden mit phänomenologischen Untersuchungen, wie die Dehnreaktionen am Beton, kombiniert. Damit konnten die Einflüsse der einzelnen Betonkomponenten auf die Schadreaktion ermittelt werden. Ziel der gesonderten Betrachtung war es die Mechanismen, die jeweils bei den einzelnen Betonkomponenten wirken, voneinander zu trennen.

Durch den Eintrag von NaCl in das Betongefüge kommt es bekanntermaßen zu Schäden durch eine verstärkte Alkali-Kieselsäure-Reaktion. Dies äußert sich vor allem an hohen Rissmengen und -breiten, der in NaCl gelagerten Probekörper mit synthetischem Borosilicatglas. Dies konnte sowohl makroskopisch als auch mikroskopisch nachgewiesen werden. Darüber hinaus wurde mittels REM/EDX die Zusammensetzung der entstandenen Alkali-Kieselsäure-Gele bestimmt. Nach einer einjährigen Lagerung zeigen die entstandenen Alkali-Kieselsäure-Gele in Betonen mit synthetischem Borosilicatglas, dass in Gegenwart von NaCl Gele mit höheren Natriumgehalten gebildet werden. Es wird angenommen, dass diese Veränderung der Gelzusammensetzung mit einer erhöhten Quellfähigkeit der Gele einhergeht. Durch den Zusatz von Flugasche bilden sich hingegen AK-Gele mit verminderter Quellfähigkeit.

Löseversuche an Gesteinskörnungen, die in künstlichen Porenlösungen mit und ohne NaCl gelagert wurden, lieferten folgende Ergebnisse. Opalsandstein (niedrigste Kristallinität) reagierte erwartungsgemäß am intensivsten, was sich visuell in Form einer makro- und mikroskopischen Gelbildung sowie einer mikroskopischen Korrosion des Gefüges mit seinen eingelagerten biogenen SiO2-Aggregaten (u.a. Schwammnadeln) äußerte. Aus jenen Erscheinungen ließen sich die deutlichen Zunahmen an aus Opalsandstein gelöstem Silicium und Aluminium in den Lagerungslösungen ableiten. Eine gleichzeitige Abnahme der K+- und OH--Konzentration in den Lösungen resultierte aus der ausgeprägten Bildung von AK-Gelen auf der Gesteinsoberfläche (Abbildung 1). Auch die Löseversuche mit Flint, Grauwacke und Borosilicatglas zeigen erhöhte Siliciumkonzentrationen in Lösungen, die NaCl enthielten. Feinbetonprismen mit Borosilicatglas, die gleichartig gelagert wurden, weisen, wie bereits angesprochen, intensive AKR-Schäden auf, die ebenfalls mit deutlich höheren Gehalten an gelöstem Silizium in der Betonporenlösung einhergingen. Aus den Ergebnissen ließ sich ableiten, dass in Gegenwart von NaCl nicht die Alkalität der Porenlösung den dominierenden Einfluss auf das Maß der SiO2-Löslichkeit ausübt, sondern eher das Vorhandensein von NaCl. Zum einen wird infolge hoher Ionenstärken die Löslichkeit von SiO2 erhöht. Zum anderen zeigen Modellierungen mit dem hydrogeochemischen Programm PHREEQC [1] die Bildung eines wässrigen NaHSiO3-Komplexes, dessen Gehalt mit steigender NaCl-Konzentration in der Lösung ebenfalls ansteigt. Trotz geringerer OH--Konzentrationen löst sich in Gegenwart von NaCl mehr SiO2, als in Lösungen ohne NaCl mit höheren OH--Konzentrationen.

Anhand von Untersuchungen an hydratisierten, pulverisierten Zementsteinen, die ebenfalls in künstlichen Porenlösungen mit verschiedenen NaCl-Konzentrationen gelagert wurden, konnten ebenfalls einige vielversprechende Ergebnisse erzielt werden. Es zeigte sich, dass mit steigender NaCl-Konzentration der Lagerungslösung die OH--Konzentration der jeweiligen Mischung deutlich ab sinkt. Dies liegt an einer Freisetzung von SO42--Ionen und hängt mit den Löse- bzw. Umwandlungsprozessen des Ettringits zu Friedel´schem Salz zusammen. Bei Einwirkung von NaCl wandelt sich Ettringit (AFt) zu Friedel´schem Salz um. Dadurch werden SO42--Ionen in die Porenlösung abgegeben und es bildet sich Portlandit. Beide Effekte verringern die OH--Konzentration der Porenlösung. Wirkt NaCl auf die AFm-Phasen des Zementsteins ein, kann es je nach Phasenbestand auch zu einer Abspaltung von weiterem Sulfat, aber keiner direkten Beeinflussung der OH--Konzentration kommen, oder aber auch dazu, dass OH--Ionen freigesetzt werden. Somit beeinflusst die jeweilige Phasenzusammensetzung des verwendeten Zementklinkers die Basizität der Porenlösung bei einem Eintrag von NaCl individuell. Bei der Umbildung der relevanten Phasen sind in jedem Fall Chloridionen beteiligt. Natriumionen tragen zu diesen Reaktionen dagegen nicht bei und werden hierbei auch nicht gebunden, sondern können von den C-S-H-Phasen eingebaut werden. Durch den Einsatz von Flugasche und Metakaolin wird der Alkaligehalt der Porenlösung durch Verdünnungseffekte, aber auch durch die Einbindung von Alkalien in die Reaktionsprodukte der puzzolanischen Reaktion (C-S-H- und C-A-S-H-Phasen), verringert. Zusätzlich wird der Gesamt-aluminiumgehalt im Bindemittel angehoben. Dies hat neben der Bildung Al-haltiger Phasen zur Folge, dass auch die Al-Konzentration der Porenlösung gegenüber einem Bindemittel aus reinem Portlandzement erhöht ist. Nach bisherigem Stand der Kenntnis sind aluminiumhaltige Hydratphasen im Zementstein maßgebend an einer Chloridbindung beteiligt [2]. Welchen Einfluss der Eintrag von NaCl auf die aluminumhaltigen C-A-S-H-Phasen hat, ist jedoch nicht bekannt. Die Bildung von Friedel´schem Salz scheint bei einem Eintrag von NaCl in die Bindemittelmatrix die primär ablaufende Reaktion zu sein. Stehen nicht ausreichend Al-haltige Phasen (AFm, AFt) im Bindemittel für die Bildung des Friedel’schen Salzes zur Verfügung, konnte entgegen der bisherigen Meinung [3] in diesem Forschungsprojekt gezeigt werden, dass auch Aluminium aus den C-A-S-H-Phasen gelöst wird. Die silicatischen Ketten brechen auf, Aluminium wird frei und die Kettenlängen verkürzen sich nachweislich (Abbildung 2). Das Al/Si-Verhältnis dieser C-A-S-H-Phasen sinkt. Ein ähnlicher Effekt konnte auch in neueren Untersuchungen beim Sulfatangriff beobachtet werden [4, 5]. Der Eintrag von NaCl wirkt sich somit nicht nur auf das C/S-Verhältnis [6, 7] der C-A-S-H-Phase aus, sondern auch auf das Al/Si-Verhältnis.