Carbonatisierung von zementgebundenen Baustoffen mit CO2 unter erhöhtem Druck oder im überkritischen Zustand

Die Carbonatisierung von Stahlbeton ist als nachteiliger Prozess bekannt, welcher unter Einwirkung von CO2 aus der Luft zu einer Aufhebung der Passivierung und schlussendlich zu einer Korrosion der Stahlbewehrung führen kann. Andererseits kann eine stark beschleunigte Carbonatisierung unter gesteuerten Bedingungen bei z.B. der Herstellung von Betonfertigteilen eingesetzt werden, um gezielt die Porosität zu verringern und damit die Festigkeit bei gleichbleibendem Portlandzementklinkergehalt zu steigern. In diesem Forschungsvorhaben wurde Zementstein mit gasförmigem (100 % CO2, 5 bar), bzw. überkritischem CO2 (150 bar) carbonatisiert, mit dem Ziel der Entwicklung eines neuartigen, festen und dichten Werkstoffes, der sowohl ökologisch als auch ökonomisch vielversprechend ist.

Im ersten Förderungsabschnitt wurden Parameter wie Alkaligehalt, Ausgangsporosität (w/z-Wert) und –feuchte der Zementsteinproben sowie Behandlungsdruck und -dauer variiert. Zusätzlich wurde der Einfluss der Zusatzstoffe wie Hüttensand, Kalksteinmehl und Dolomitmehl auf den Carbonatisierungsvorgang und die Eigenschaften von carbonatisierten Zementsteinen untersucht.

Erwartungsgemäß führte die höhere Porosität (w/z-Wert) des Zementsteins, unabhängig von den Carbonatisierungsbedingungen, zu einer schnelleren Eindringung des CO2 und damit zu einer schnelleren Carbonatisierung. Die Druckfestigkeitserhöhung (bezogen auf die Ausgangswerte) nahm mit sinkender Luftfeuchte der Vorlagerung und zunehmender Carbonatisierungstiefe zu. Die höchste Festigkeitssteigerung wurde nach einer Vorlagerung bei 35 % r.F. erzielt.

Die Verlängerung der Behandlung bei 150 bar und 50 °C von 4 auf 16 Stunden führte zu einer weiteren Erhöhung der Druckfestigkeit um bis zu ca. 50 %, wobei die Proben mit alkalireicherem Zement einen deutlich geringeren Festigkeitszuwachs zeigten. Auch nach einer zweitägigen Behandlung mit gasförmigem CO2 bei 5 bar wirkte die höhere Alkalität des Zementes negativ auf den Festigkeitszuwachs. Die Alkalität des Zementes hat einen eindeutigen Einfluss auf die Carbonatisierungsgeschwindigkeit von Zementstein- und Mörtelproben. Mit zunehmender Alkalität des Zementes steigt der pH-Wert der Porenlösung, was zu einer geringeren Carbonatisierungsgeschwindigkeit führt. Die Proben mit alkalireicherem Zement, bzw. mit Alkalidotierung, zeigten geringere Carbonatisierungstiefen und Festigkeitszuwächse nach der Behandlung mit überkritischem CO2. Es konnte kein eindeutiger Einfluss der Zementalkalität (Na2Oeq = 0,56 M.-% und 1,02 M.-%) auf die Bildung von metastabilen CaCO3-Phasen – Aragonit und Vaterit - festgestellt werden. Zusätze von Dolomitmehl und damit Mg führten ebenfalls zu keiner Begünstigung der Aragonitbildung und zu keinem nennenswerten Beitrag bei der Festigkeitserhöhung während der scCO2-Behandlung.

Mittels Rasterelektronenmikroskopie wurde festgestellt, dass unhydratisierter Hüttensand während der scCO2-Behandlung sich, im Gegensatz zu den silikatischen Klinkerphasen, nahezu inert verhält und dadurch keinen deutlich erkennbaren Beitrag zur Festigkeitsentwicklung leistet. In hüttensandhaltigen Zementsteinen wurde allerdings nach der Carbonatisierung, zusätzlich zu den üblichen Carbonatphasen, Mg-Calcit identifiziert. Diese Verbindung ist wahrscheinlich durch die Carbonatisierung von hydratisiertem Hüttensand (Hydrotalcit, MSH) entstanden.

Um den Einfluss des Calcits im Zement auf die Ausbildung des Gefüges während der Carbonatisierung zu untersuchen, wurden Mischungen von Portlandzementen mit 20 M. % und 40 M.-% Kalksteinmehl untersucht. Die Erwartung, dass die vorhandenen Calcitpartikel als Kristallisationskeime dienen und während der Carbonatisierung ein neuer Verbund zwischen diesen Partikeln entsteht, hat sich unter den gewählten Carbonatisierungsbedingungen nicht bestätigt.

Durch die Carbonatisierung des Zementsteins in überkritischem CO2 nimmt die Porosität deutlich ab, was teilweise auf die Erhöhung des Feststoffvolumens, aber auch auf das strukturbedingte Carbonatisierungsschwinden, zurückzuführen ist. Die Änderung der Probenvolumina ist von der Porosität des Zementsteins abhängig. Die Proben, die eine geringere Porosität (w/z = 0,5) aufweisen und damit weniger Freiraum für die Kristallisation der CaCO3-Phasen haben, dehnen sich während der Carbonatisierung. Dieses Quellverhalten ist auf die Bildung von Wasser als Reaktionsprodukt und eine daraus resultierende Feuchtedehnung zurückzuführen. Während der weiteren Lagerung in Normklima 20 °C/65 % r.F. schwinden die Proben mit einer Verringerung der Länge bis unter das Ausgangsniveau, was auf die Strukturveränderung während der Carbonatisierung zurückzuführen ist. Die Proben mit einer höheren Porosität (w/z = 0,6) kontrahieren schon während der Behandlung im überkritischen CO2.

Es wurden Untersuchungen an Normmörteln und haufwerksporigen Mörteln mit Leichtzuschlag durchgeführt. Die Mörtelprismen, die nach DIN EN 960-1 hergestellt wurden, wurden vor der Carbonatisierung analog zu den Zementsteinproben vorgelagert (20 °C und 35 % r.F.). Die Leichtmörtelproben wurden nach einem Tag Feuchtlagerung ausgeschalt und dann direkt mit übekritischem CO2 behandelt. Die Haufwerksporosität ermöglichte einen schnellen Zutritt des CO2 in das Probeninnere, was zu einer vollständigen Carbonatisierung führte. Die Druckfestigkeiten der Normprismen nahmen um bis zu 140 % zu und lagen sogar um bis zu 22 % höher als die Normfestigkeit. Die Biegezugfestigkeiten der Proben zeigten eine geringe Abnahme. Ein ähnlicher Einfluss der Carbonatisierung auf die mechanischen Eigenschaften wurde auch bei den haufwerksporigen Leichtmörtelproben festgestellt. REM-Untersuchungen haben gezeigt, dass die Kontaktzone zwischen der Gesteinskörnung (Blähglas) und dem Zementstein nach dem Carbonatisierungsprozess dicht mit dem neugebildeten CaCO3 gefüllt ist.

Das Wissen über das Verhalten der Hydrate der Portlandzementklinkerphasen während der stark beschleunigten Carbonatisierung und danach unter Einsatzbedingungen ist entscheidend für die Entwicklung neuer carbonatisierter zementgebundener Werkstoffe. Anhand der bisherigen Forschungsergebnisse kann gefolgert werden, dass die positiven Effekte der Carbonatisierung u.a. von der chemischen und mineralogischen Zusammensetzung des Klinkers abhängen.

Ansprechpartner

Dipl.-Min. Viktoria Leno, Dr.-Ing. Liudvikas Urbonas

Förderung

Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)