Rissbildung an Fahrbahndecken aus Beton – Auswirkungen von Alkali-Kieselsäure-Reaktion (AKR), Phase II: Laboruntersuchungen zur Auswirkung von Vorbeanspruchungen und externer Alkalizufuhr

In den letzten Jahren sind über ganz Deutschland verteilt Risse in Betonfahrbahnen aufgetreten, die in Verbindung mit einer AKR gebracht werden. Jedoch war bisher ungeklärt, inwieweit dieser Schadensmechanismus als Hauptursache für das entstandene Schadensbild angesehen werden kann oder inwieweit Zwangsspannungen infolge behinderten thermischen und hygrischen Verformungen zur Rissbildung beigetragen haben. In der ersten Phase wurden die vorhandenen Erkenntnisse zu lastunabhängigen Spannungen, infolge thermischen und hygrischen Verformungen aufbereitet und erläutert, wie diese Beanspruchungen Schädigungen infolge AKR begünstigen bzw. beeinflussen können.
In der zweiten Phase erfolgte eine versuchtechnische Simulation der Überlagerung von thermischen und hygrischen Spannungen mit Spannungen aus einer AKR. Dafür wurden zwei eingespannte Betonbalken (Länge 3 m), die reaktive Gesteinskörnungen enthielten, verschiedenen thermischen und hygrischen Vorbeanspruchungen ausgesetzt. So sollte festgestellt werden, inwieweit Spannungen aus lastunabhängigen Beanspruchungen Schädigungen aus einer AKR begünstigen. Vergleichend hierzu wurde ein Balken ohne reaktive Gesteinskörnung hergestellt, bei dem keine Schädigung infolge AKR zu erwarten war.
Für die durchgeführten Untersuchungen wurden zwei praxisrelevante Erhärtungsbedingungen gewählt. Zum Einprägen unterschiedlicher Feuchte- und Temperaturgradienten wurden die Balken während der Erhärtung und darüber hinaus mit normalen sowie extremen thermischen und hygrischen Umgebungsbedingungen beansprucht. Mit diesen wurde die Herstellung von Betonfahrbahnplatten um 12 Uhr im Frühjahr und morgens um 6 Uhr im Sommer (maximale Hydratationswärme und maximale Lufttemperatur treten gleichzeitig auf) simuliert.
Zur Beschleunigung einer möglichen AKR wurden die Balken, im Anschluss an die Vorlagerung mit einer wechselnden thermischen Beanspruchung sowie einer zyklischen Befeuchtung der Oberseite und gleichzeitigem Tausalzauftrag mit anschließender Trocknung (zyklisch thermische und hygrische Wechselbeanspruchung) beansprucht. Die Wechselbeanspruchung sowie die Prüfdauer wurden in Anlehnung an den AKR-Prüfzyklus des VDZ festgelegt.
Während der Wechsellagerung wurden kontinuierlich die entstehenden Verformungen, Zwangkräfte, Feuchte- und Temperaturverteilungen sowie Längsdehnungen gemessen. Zudem wurde am Ende des Vorhabens, der Gehalt und die Eindringtiefe der aufgebrachten Tausalze im oberflächenahen Bereich der Betonbalken bestimmt, um die vorhandenen Randbedingungen mit praxisrelevanten Daten zu vergleichen.
Durch die Wechsellagerung werden Alkalien auf die Betonoberseite aufgetragen, wodurch eine AKR beschleunigt werden sollte. Nach zehn Wechsellagerungszyklen konnten noch keine Schäden infolge einer AKR festgestellt werden. Daher wurde nach zehn Wechsellagerungszyklen die NaCl-Konzentration erhöht und anstelle einer 3%igen eine 10%ige NaCl-Lösung verwendet. Auch nach weiteren zehn Wechsellagerungszyklen konnten trotz der verschärften Beanspruchung keine Schäden infolge einer AKR festgestellt werden.
Die aus den Untersuchungen gewonnen Erkenntnisse wurden hinsichtlich der Zwangsspannungsentwicklung eingehend diskutiert. Es wurde festgestellt, dass eine plötzliche Abkühlung der Betonbalken mit 5 °C kalter NaCl-Lösung (z. B. durch Gewitterregen oder Hagelschauer) zu einem signifikanten Anstieg der Zwangskraft führt (Bild 1). Verantwortlich für den Anstieg war im Wesentlichen der große Temperatur¬gradient zwischen der Balkenober- und -unterseite. Mit zunehmender Dauer der Beaufschlagung nahm die Zwangskraft wieder ab. Verantwortlich hierfür waren zwei Effekte: Maßgeblich verringerte sich die Zwangskraft durch die Abnahme des Temperaturgradienten im Querschnitt (Abkühlung der Unterseite). Zudem führte das eingedrungene Wasser zum Quellen der oberen Betonschichten, wodurch die während des Thermoschocks aufgetretenen Zugspannungen im oberen Bereich der Balken durch Druckspannungen, die durch das Quellen des Betons entstehen, abgebaut wurden. Zusammenfassend zeigten die Versuche, dass schnelle, sprunghafte Verformungen maßgeblich durch Temperatur¬unterschiede ausgelöst werden. Verformungen infolge Feuchtegradienten verlaufen etwas langsamer. Der Einfluss der Vorlagerung auf die Zwangsspannungsentwicklung der Balken war vernachlässigbar gering (vgl. Bild 1, Beton A, Vorlagerung Sommer und Frühjahr). Maßgebender waren die Festigkeit und der Elastizitätsmodul der Betone.

 

Ansprechpartner

Dipl.-Ing. D. Lowke (O. Mazanec, M.Sc)

Förderung

BMVBS / BASt