Einfluss von CO2-Druck und Betonfeuchtegehalt auf das Porengefüge des Betons während der Carbonatisierung

Dipl.-Ing. Charlotte Thiel
Förderer: DFG

Zur Sicherstellung der Dauerhaftigkeit von Stahlbetonbauteilen werden neben deskriptiven Regeln zunehmend probabilistische Bemessungsverfahren eingesetzt. Mit Hilfe der Modelle sind Prognosen zum Schädigungsverlauf möglich. Wichtig für die Güte der Prognosen ist die Qualität der Eingangswerte der Modelle. Beim Prozess der carbonatisierungsinduzierten Bewehrungskorrosion ist u. a. der Carbonatisierungswiderstand des Betons eine maßgebende Einflussgröße. Um diesen Widerstand bestimmen zu können, werden sogenannte Schnelltests mit hohen (praxisfremden) CO2-Konzentrationen durchgeführt. Unklar war bisher, ob diese hohen Konzentrationen die natürlichen Vorgänge unverfälscht abbilden und Fehlprognosen ausgeschlossen werden können. Um zukünftige Verfahren mit höherer Zuverlässigkeit zu entwickeln, ist es notwendig, das Wissen über die Mechanismen der Carbonatisierung zu vertiefen. Dabei ist der Einfluss von CO2-Partialdruck bei Gesamtgasdrücken über 1 bar und Betonfeuchtegehalt auf die Phasenbildung, Porengefüge und Gastransport von zentraler Bedeutung. Für die Untersuchungen wurde ein Prüfgerät entwickelt, dass die einseitige Beaufschlagung von Proben mit unterschiedlichen CO2-Konzentrationen, definierter Feuchte und Temperatur bei verschiedenen konstanten Gasdrücken ermöglicht. In den Untersuchungen wurden dünne Mörtelscheiben in verschiedenen CO2/N2-Gasgemischen bei Variation des Gesamtgasdrucks gelagert. Mit hochmodernen Prüfgeräten wurden das physikalisch gebundene und das freie Wasser bestimmt, die Bildung und Lösung von Phasen beobachtet und das Porengefüge quantifiziert. Mörtel- und Betonzylinder mit unterschiedlichem Feuchtgehalt wurden stirnseitig mit CO2 belastet und Verteilungen von Wasser, Phasen sowie die Carbonatisierungstiefe und Oberflächenluftpermeabilität in Abhängigkeit von der Zeit bestimmt. Die Ergebnisse wurden u.a. mit Proben verglichen, die für einen Zeitraum von bis zu fünf Jahren natürlich carbonatisierten.

Die Versuche bestätigten, dass bei moderaten Feuchtebedingungen von 65 % relativer Luftfeuchte zu hohe CO2-Konzentrationen ≥ 4 Vol.-% CO2 nicht geeignet sind, um verschiedene Materialwiderstände im Rahmen einer Schnellprüfmethode zu ermitteln. So verändert ein zu hohes CO2-Angebot die natürlich ablaufenden Prozesse: Statt der unter natürlichen Bedingungen zeitbestimmenden Diffusion wird die Reaktionskinetik maßgebend. Es bilden sich vermehrt Reaktionsprodukte im stärker exponierten Randbereich, gleichzeitig verbleiben deutliche Mengen an Restportlandit in den Proben, was so unter natürlichen Bedingungen nicht auftritt. Durch die Verwendung moderater Gasdrücke von 2-3 bar kann diese Problematik umgangen werden, da das CO2 durch Permeation direkt tiefer in den Baustoff eindringen kann und so eine mit der Praxis vergleichbare Reaktion hervorruft. Aufbauend auf den Ergebnisse wurde schließlich eine Empfehlungen für einen Schnelltest für eine faire Differenzierung von Materialwiderständen hinsichtlich des Carbonatisierungswiderstands abgleitet.